Psycholinguistik
Die Psycholinguistik beschäftigt sich mit der kognitiven Verarbeitung von Sprache in den verschiedenen Modalitäten, also der schriftlichen und mündlichen Sprachproduktion - Schreiben und Sprechen - und der schriftlichen und mündlichen Sprachperzeption - Lesen und Hören - sowie der Verarbeitung der Bedeutung von bildlich dargestellten Dingen.
Was genau bei diesen Prozessen vor sich geht, ist mit den aktuellen technologischen Möglichkeiten kaum zu beobachten. Deshalb entwirft die Psycholinguistik Modelle, die beispielsweise abbilden, wie es funktioniert, dass Sie gerade verstehen, was Sie lesen.
Dafür lernen Sie Ihr mentales Lexikon kennen - eine Art Wörterbuch, in dem sprachliche Einheiten und ihre Bedeutungen mental repräsentiert werden - sowie verschiedene Modelle, die beschreiben, auf welche Weise hier (neue) Wörter gespeichert werden, oder wie es Ihnen gelingt, die korrekten gespeicherten Einheiten abzurufen, um einen bestimmten Satz äußern zu können.
Die Psycholinguistik kennt viele sprachliche Effekte, die uns besser verstehen lassen, wie Sprache verarbeitet wird.
Das Wort "Ball" verstehen Sie wesentlich schneller als das Wort "Binomialkoeffizient". Dafür sind mehrere Faktoren verantwortlich: "Binomialkoeffizient" ist natürlich wesentlich länger als "Ball" und dadurch schon automatisch komplizierter. Außerdem kommt es in der Alltagssprache um ein Vielfaches seltener vor. Zudem haben Sie das Wort viel später erworben: "Ball" wird eins der ersten Wörter gewesen sein, die Sie als Kind sprechen konnten; "Binomialkoeffizient" haben Sie dagegen erstmals nach vielen Jahren Matheunterricht gelernt. Der Ball ist außerdem ein ganz konkreter physischer Gegenstand, den man anfassen kann, während ein Koeffizient etwas sehr Abstraktes ist.
Um derartige Effekte und Prozesse zu erforschen, werden in der Psycholinguistik computerbasierte Experimente durchgeführt. Hierfür werden häufig gut etablierte und oft genutzte experimentelle Designs genutzt. Manchmal aber müssen die Forscher:innen unheimlich kreativ werden und ganz neue Wege finden, um bestimmte Fragestellungen beantworten zu können. Viele experimentelle Designs lernen Sie bereits am Anfang Ihres Studiums kennen.
Früher, als man noch keine Computer für die Durchführung von Experimenten hatte, haben übrigens unter anderem Versprecher als Grundlage für die Erforschung des sprachlichen Systems gedient. Versprecher sind in der Regel kein zufälliges Produkt und geben eine ganze Menge Hinweise darauf, was kognitiv zu bewertstelligen ist, um Sätze fehlerfrei zu produzieren.